1000 Jahre altes Artefakt kehrt nach Bamberg zurück
Das Original der Weiheinschrift der Thomaskapelle ist nach Bamberg zurückgekehrt und wird im Diözesanmuseum Bamberg eine neue, dauerhafte Heimat finden. Ab Ende September wird sie in einem Exkurs der Kaisergewänder-Ausstellung zu sehen sein, in dem an die Ereignisse des Papstbesuchs vor 1000 Jahren erinnert wird.



Im Rückwärtsgang fährt ein kleiner weißer Transporter auf dem Vorplatz des Diözesanmuseums Bamberg vor. Auf den Treppen verteilt, warten bereits mehrere Männer. Einer davon winkt dem Wagen zu, noch näher zu kommen. Nachdem das Auto zum Stillstand gekommen ist, öffnen zwei Männer die Laderampe.
Wie groß das 1000 Jahre alte Artefakt wohl sein wird? Holger Kempkens, Leiter des Diözesanmuseums, lugt neugierig in das Innere des Lkws hinein. Auf den ersten Blick sind drei große eingepackte Rohre zu erkennen. Das erwartete Objekt befindet sich allerdings auf der gegenüberliegenden Seite. In der Ecke steht eine hohe, dünne Holzkiste auf Rollen, die mit gelben Spanngurten an der Wand befestigt ist. Vorsichtig lösen die beiden Männer die Gurte und rollen die hellbraune Box auf die Rampe. Als die Rampe nach unten gefahren ist, packen noch zwei weitere Männer von den zentralen Diensten des Ordinariates an und helfen, die Transportkiste hinzulegen. Schnell noch an jede Seite Befestigungen anmontieren, damit jeder der vier Männer einen Griff zum Tragen hat. Zuerst wird die Eingangstreppe des Diözesanmuseums bestritten und dann die große, barocke Haupttreppe in den ersten Stock. Quer durch den Steinsaal mit den berühmten Kaisergewändern, hinter einer der Mantelvitrinen wird die Transportbox dann abgesetzt. Die Kiste wird nun vorsichtig geöffnet. Wie das Objekt wohl aussehen wird?
Bei dem erwarteten Artefakt handelt es sich um ein großes Putzfeld mit einer aufgemalten Weiheinschrift. Sie ist der entscheidende Nachweis dafür, dass in den Ostertagen des Jahres 1020 Papst Benedikt VIII. die bischöfliche Pfalzkapelle St. Thomas, die heute Teil der Alten Hofhaltung ist, eingeweiht hat. „Es war zwar bekannt, dass der Papst 1020 persönlich die St.-Stephanus-Kirche eingeweiht hat, aber dass auch die Kapelle von ihm eingeweiht wurde, war nirgends dokumentiert“, so Domkapitular Norbert Jung, der Leiter der Hauptabteilung Kunst und Kultur im Erzbischöflichen Ordinariat. Erst als in den dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts eine Inschrift in der Thomaskapelle freigelegt wurde, konnte dies ziemlich sicher belegt werden. Normalerweise würden oben auf der Weiheinschrift das Datum und der Handelnde stehen, allerdings ist genau diese Stelle beschädigt und daher nur unvollständig überliefert. Die Schriftgestaltung der aufgemalten Inschrift, die weißen Buchstaben auf dunkelrotem Hintergrund sowie die roten Zeilen und der hellrote Rahmen lassen sich jedoch stilistisch auf das elfte Jahrhundert datieren.
Der in Teilen ergänzte und übersetzte Text der Weiheinschrift besagt, dass der Ehrwürdige Papst Benedikt, der Bischof der römischen Kirche, die Kapelle zu Ehren unseres Herrn Jesus Christus, des siegreichsten Kreuzes und der Jungfrau Maria, des heiligen Apostels Thomas, des heiligen Märtyrers Clemens sowie der heiligen Maria Magdalena geweiht habe. Auch wurden Reliquien des Kreuzes des Herrn, des Apostels Thomas, des Protomärtyrers Stephanus, des heiligen Georg, des Märtyrers Laurentius, des Märtyrers Clemens, des heiligen Lambert, des Märtyrers Eleutherius, des Bekenners Silvester, des Bischofs Ulrich und der Jungfrauen Afra, Cäcilia und Anatholia beigesetzt.
Da sich der Zustand des Putzfeldes der Weiheinschrift nach ihrer Freilegung zunehmend verschlechtert hatte, wurde sie abgenommen. Zunächst wurde sie in der Neuen Residenz verwahrt und schließlich nach München gebracht, um ihren weiteren Verfall zu vermeiden. An der ursprünglichen Stelle in der Thomaskapelle wurde eine ergänzte Nachbildung der Weiheinschrift angebracht.
Nun ist das Original der Weiheinschrift nach Bamberg zurückgekehrt und wird im Diözesanmuseum Bamberg eine neue, dauerhafte Heimat finden. Ab Ende September wird sie in einem Exkurs der Kaisergewänder-Ausstellung zu sehen sein, in dem an die Ereignisse des Papstbesuchs vor 1000 Jahren erinnert wird. Die bemalte Putztafel wird nicht in einer Vitrine aufbewahrt, sondern frei aufgestellt werden. „Dass wir den Sternenmantel und die Weiheinschrift in einem Raum präsentieren können, ist ideal“, so Kempkens. Denn im Rahmen des Papstbesuches, an Ostern 1020, wurde Kaiser Heinrich II. auch der Sternenmantel geschenkt, und zwar von Ismahel von Bari, der jedoch kurz darauf in Bamberg verstarb. Die beiden auf den ersten Blick so unterschiedlichen Kunstwerke, die zugleich wichtige historische Zeugnisse sind, stammen also aus genau derselben Zeit und erinnern uns darin, dass in Bamberg zu Ostern 1020 ein weltpolitisches Ereignis stattgefunden hat.